Ehemaliger Wildpflanzenpfad Wiedergeltingen
Anmerkung: Den Wildpflanzenpfad Wiedergeltingen gibt es in der hier beschriebenen Form nicht mehr. Bei den Arbeiten zur Elektrifizierung der anliegenden Bahnlinie wurden die Blühflächen leider vollkommen zerstört. Wir lassen diesen Text trotzdem als Erinnerung stehen und um die wunderbaren Blumen wenigstens in Form der Bilder zu erhalten.
Außer einem Teil der Wertachauen gibt es in Wiedergeltingen nur ausschließlich Kulturflächen, die irgendwann von Menschenhand nutzbar gemacht wurden. Damit ist ein großer Teil vieler heimischer Wildpflanzen verschwunden.
Ein nur acht- bis zehn Meter breiter Grünlandstreifen direkt entlang der Bahnlinie Memmingen-Buchloe wurde früher noch extensiv genutzt, bis es unrentabel wurde, solche Flächen mit den heutigen Maschinengrößen zu bewirtschaften. Wenn nicht mehr gemäht wird, verschwinden die lichtbedürftigen Arten, weil sie von den robusten Pflanzen wie dem schilfartigen Reitgras überwuchert werden.
Angesichts dieser Ausgangslage im Jahre 2002 überlegten wir, ob wir dieses ca. 700 Meter lange Grundstück der Bahn nicht zur Betreuung übernehmen könnten. Es dauerte dann noch ein halbes Jahr, bis ein Vertrag zustande kann, in dem wir uns verpflichteten, auf unsere Kosten die Pflege dieser Fläche zu übernehmen.
(Mit Radlader und Schlepper mussten zunächst grobe Unebenheiten beseitigt werden, damit die Fläche überhaupt weitgehend maschinell mähbar wurde. Auch herausragende Restfundamente aus Beton und Stahl waren zu beseitigen. Auf dem Grundstück sind alle möglichen Bodenaufbauten vorhanden. Bauschutt oder Bahnschotter fast ohne Humusauflage, normale Humusschichten, Kies/Sandgemisch usw. Insgesamt ein weitgehend durchlässiger und nährstoffarmer Halbtrockenrasen. Der Standort ist sonnig und ohne Baumbestand.
Im Vorfeld hatten wir von Wegrändern und artenreichen Wiesen Samen von vielen bekannten Kräutern und Blumen gesammelt, die umgehend ausgesät wurden. In der Folgezeit kamen immer wieder auch seltenere Arten aus der näheren Umgebung dazu, so dass bereits nach zwei Jahren eine bunte Blumenwiese erblühte.
Inzwischen beginnt das Frühjahr mit dem wohlriechenden Märzveilchen (Viola odorata) und dem etwas blasseren rauen Veilchen (Viola hirta), den heimischen Schlüsselblumen (Primula elatior und Primula veris), gefolgt von den Traubenhyazinthen (Muscari bothryoides) und einer Art des Lungenkrautes (Pulmonaria mollis), zu dem wir als Kinder Hänsel-und-Gretel-Blume sagten, wegen des Wechsels der Blütenfarbe von rot zu blau. Auch einige Buschwindröschen (Anemone nemorosa) haben sich hierher verirrt und kämpfen auf dem kargen Boden ums Überleben. Kürzlich entdeckten wir die erste Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris). Im Mai und Juni gibt's dann einen wahren Farbenrausch, wenn das Weiß der Margeriten, das Blau des Wiesensalbeis, das Gelb von Wundklee und Wiesenbocksbart und das Rot von Klee, Lichtnelke und Karthäusernelke erstrahlt. Schlag auf Schlag kommt dann die violett blühende Scabiosenflockenblume (Centhaurea scabiosa), das weiß blühende Hornkraut (Cerastinum arvense), die verschiedenen Blau von Natternkopf (Echium vulgare), Wiesenglockenblume, (Campanula patula) und Teufelskralle (Phyteuma orbiculare, die Rottöne von Esparsette (Onobrychis viciifolia) und Ackerwachtelweizen (Melampyrum arvense) und viele andere mehr.
Überrascht hat uns der blaue Dauerlein (Linum perenne) und der klebrige Lein (Linum viscosum), der rosa blüht. Nicht zu übersehen ist das satte Gelb des Ochsenauges (Buphtalmum salicifolium, der Färberkamille (Anthemis tinctoria) und des Hornklees (Lotus corniculatus), während das Sonnenröschen (Helianthemum nummularium) erst in einzelnen Exemplaren zu finden ist. Besonders gefreut haben wir uns über die erfolgreiche Ansiedlung einer heimischen Orchidee, der großen Händelwurz (Gymnadenia conopsea), des Sumpfherzblattes (Parnassia palustris) sowie des Kreuzenzians (Gentiana cruciata) und des Deutschen Enzians (Gentianella germanica), der im Herbst blüht. Die Taubenskabiose (Scabiosa columbaria) sollte man nicht der Wiesenwitwenblume (Knautia arvensis) oder dem Teufelsabbiß (Succisa pratensis) verwechseln, obwohl alle in einem schönen Blau blühen. Die gelbe Skabiose (Scabiosa ochroleuca) hat sich schon gut verbreitet.
Wir wollen hier nicht alle vorkommenden Blütenpflanzen aufzählen, denn interessierte Pflanzenliebhaber können ja auch selbst noch viele Raritäten entdecken.
Sie finden unseren Wildpflanzenpfad auf der Straße nach Weicht, wenn Sie die Bahnlinie überschritten haben sofort auf der linken Seite. Schauen Sie doch einfach mal vorbei, falls wir Ihre Neugierde geweckt haben. Aber eine Bitte: Nur anschauen, nichts ausgraben, das haben wir übrigens auch nicht getan.
Übrigens: Seit geraumer Zeit arbeiten wir an einem neuen, viel versprechenden Projekt in der Wiedergeltinger Flur.
Weitere Informationen oder Tipps erhalten Sie von unserem Vorstand unter Tel. Nr. 08241/910 810 oder per E-Mail josef.unsin
Sommerbilder vom Wildblumenpfad